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Zukunft der Kunststoffe: Ein Ausblick

Ein Beitrag von:     Michael Kundel
CEO RENOLIT SE
Letzte Aktualisierung: 05.12.2023

Die Welt steht vor großen Herausforderungen - und vor zum Teil tiefgreifenden Umwälzungen. Was bedeutet das für die Kunststoffindustrie - haben Kunststoffe eine Zukunft und wenn ja, wie sieht diese aus? In diesem Beitrag wage ich einen Ausblick auf kommende Trends und Innovationen bei Kunststoffen.

Diese acht Trends werden immer wichtiger

Wie sieht die Zukunft der Kunststoffe aus? In jüngster Zeit haben sich acht Haupttrends herauskristallisiert, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

1. Bewusstere Nutzung von Kunststoffen

Am Anfang haben wir Kunststoffe überall begeistert eingesetzt. Das ist heute anders.

Zwar ist ein zielloser Verzicht auf Kunststoffe keine Lösung - wie ich kürzlich am Beispiel der Folienverpackung von Salatgurken gezeigt habe - dennoch ist ein bewussterer Umgang mit Kunststoffen wichtig.

Es ist daher unbestreitbar, dass wir ihren Einsatz in Zukunft stärker hinterfragen müssen. Wo ist ihr Einsatz sinnvoll? Wo sind andere Werkstoffe die bessere Alternative?

Ein Beispiel: Wenn man früher in ein Fast-Food-Restaurant ging, hinterließ man einen Berg von Styropor und Papier. Das ist völlig unnötig. Wir werden auch in Zukunft weitere Bereiche identifizieren können, in denen es besser ist, auf Kunststoffe zu verzichten.

Die Akzeptanz von Kunststoffen hängt wesentlich davon ab, wie glaubwürdig deren Notwendigkeit und schlussendlich deren Verwertungsmöglichkeiten sind.

2. Einsatz in neuen Hochtechnologien

Einen Bereich finde ich für die Zukunft der Kunststoffe besonders spannend: Ihren Einsatz in immer neuen Bereichen der Hochtechnologie.

Früher war es etwa ganz selbstverständlich, dass Bioreaktoren mit Behältern aus Edelstahl gebaut wurden. Heute werden im Inneren zunehmend hochreine Kunststofffolien für bis zu mehrere Tausend Liter Flüssigkeit eingesetzt, die steril und sicher die Fermentation von Wirkstoffen ermöglichen. Die Prozessvorteile sind enorm.

Ähnliches gilt für Implantate in der Medizin, die heute beispielsweise im Spritzgießverfahren erzeugt oder bereits im 3D-Druck produziert werden.

Auch Batteriespeicher gelten als unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende und benötigen Hochleistungsmembranen aus Kunststoffen zum Beispiel bei Lithium Eisenphosphat Batterien. Die Zukunft wird zeigen, dass Kunststoffe weitere große Fortschritte zur Erreichung der Klimaneutralität ermöglichen.

All dies zeigt, dass das Potential der Kunststoffe zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen auch nach weit über 100 Jahren noch längst nicht ausgeschöpft ist.

3. Konsequente Dematerialisierung

Ein bereits aktueller Trend ist die zunehmende Dematerialisierung, also die Strategie, Stoffströme stark zu reduzieren, die vor allem durch wirtschaftliche Tätigkeit, verursacht werden. Dazu soll der Material- und Energieverbrauch des sozio-ökonomischen Systems stark verringert werden.

Dieser Trend bestimmt die Kunststoffindustrie seit einigen Jahren - und ich bin sicher, dass er sich fortsetzen wird.

Kunststoffe können generell zu immer dünneren, leichteren und kostengünstigeren Lösungen im Bereich der Bau-, Automobil, Luftfahrt und Gesundheitswirtschaft beitragen.

Sie sind damit Teil eines Prozesses, der insbesondere für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung ist.

Fortschritte bei der Entwicklung neuer Werkstoffe im Kunststoffbereich werden die Dematerialisierung in den kommenden Jahren konsequent vorantreiben.

4. Immer größere Individualisierung

In der heutigen Welt wird auch das Thema Individualisierung immer wichtiger. Dies betrifft gleich mehrere Bereiche, die auch für RENOLIT von Bedeutung sind.

So spüren wir bei RENOLIT das steigende Bedürfnis der Menschen, die Auswahl von Oberflächen und Farben im Bereich Interior Surfaces, Pools und Bauelementen individueller zu gestalten. Auch die Werbe- und Freizeitindustrie fordert dies zunehmend.

In der Medizintechnik sind es dagegen immer spezialisiertere Anwendungen, die Lösungen von der Stange verhindern. Wo Technologien immer effizienter und präziser werden, müssen auch die verwendeten Materialien, deren Eigenschaften und Oberflächen Schritt halten.

Vor diesem Hintergrund können hochwertige Polymerfolien, wie wir sie bei RENOLIT produzieren dem Trend zur Individualität Rechnung tragen.

5. Defossilisierung von Kunststoffen

Wie in allen anderen Bereichen unseres Lebens muss sich auch die Kunststoffindustrie der Notwendigkeit einer konsequenten Dekarbonisierung stellen. Dabei sollten wir in verschiedene Richtungen denken.

Zum einen benötigen wir dabei natürlich mehr erneuerbare Rohstoffquellen. Gleichzeitig brauchen wir aber auch ein flächendeckendes Kunststoffrecycling sowie mit erneuerbaren Energien elektrifizierte Prozesse zur Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffen.

Wir brauchen also Alternativen zu fossilen Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das gilt sowohl für die Rohstoffe, die für die Kunststoffherstellung selbst verwendet werden, als auch für die Bereiche der Energieerzeugung bis hin zu Verpackung und Transport.

An all diesen Themen arbeiten wir bei RENOLIT mit Hochdruck. Hier einige Beispiele:

  • In diesem Jahr haben wir mit unseren Folien aus Bioattributed PVC bereits erste zertifizierte Produkte im Markt.
  • Wir arbeiten in einer Partnerschaft an der Entwicklung eines Monomers , also an einer Vorstufe zum Polymer, auf fossilfreier Basis.
  • Außerdem haben wir uns bei RENOLIT für unsere Unternehmensgruppe eine konkrete Zielvorgabe zur Erreichung der CO2 Neutralität gegeben. Diese wird in Schritten bis 2045 konsequent umgesetzt .

Für mich ist klar: Die Zukunft der Kunststoffe wird zunehmend fossilfrei sein.

6. Schaffung einer echten Kreislaufwirtschaft

Kunststoffe stellen bei sachgerechter sauberer Trennung und Sammlung einen echten Wert dar. Ich bin deshalb immer wieder betroffen, wenn ich sehe, wie viele Kunststoffe heute noch am Ende ihres Lebenszyklus einfach weggeworfen, deponiert oder vielfach verbrannt werden.

Wir bei RENOLIT haben uns dem Ziel einer echten Kreislaufwirtschaft verschrieben. Für uns ist klar: Wir müssen weg von einer linearen Ökonomie hin zu einer effektiven Recyclingwirtschaft mit konsequenter Wiederverwertung.

Dazu braucht es mehr Initiativen entlang der Wertschöpfungskette, die Kunststoffprodukte am Ende ihres Lebenszyklus sammeln, sortieren, recyceln und einer Wiederverwendung zuführen.

Das betrifft damit die Zukunft der Kunststoffe ganz unmittelbar.

Ein Baustein könnte die Digitalisierung von Kunststoffprodukten sein. Ziel ist dabei die eindeutige Erfassung der eingesetzten Materialien, damit das Produkt über die gesamte Wertschöpfungskette identifizierbar bleibt und idealerweise einem mechanischen Recycling zugeführt werden kann.

Ein solcher digitaler Produktpass (DPP) wird auf der EU Ebene mit der Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR) eingeführt und wird uns alle dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft näher bringen.

7. Vermeidung von Umweltverschmutzung

Sie alle kennen die Bilder von vermüllten Flüssen und Abermillionen Tonnen Plastik, die im Meer treiben.

Die Zukunft der Kunststoffe muss unter anderem darin bestehen, diese Entwicklung nachhaltig zu stoppen. Neben dem Aufbau einer - weltweit! - funktionierenden Recyclingwirtschaft gehört dazu auch ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel im Umgang mit Kunststoffen.

Wir müssen es schaffen, dass Kunststoffe in der Breite der Weltgesellschaft als echte Wertstoffe wahrgenommen werden, die zu sammeln und zu recyclen sich lohnt. Das wird in Schwellenländern aufgrund vielfach existentieller Probleme der Menschen eine viel größere Herausforderung sein als in den entwickelten Staaten. Das sollten wir uns bewusst machen.

Gleichzeitig müssen wir in der Industrie durch zertifizierte Systeme dafür sorgen, dass der Eintrag von Rohstoffgranulaten in die Umwelt vermieden wird.

Hier gibt es bereits gute Ansätze mit der Operation Clean Sweep Zertifizierungsinitiative, die auch RENOLIT bis Ende 2024 an seinen Standorten weltweit umgesetzt haben wird.

8. Klimaschutz durch Kunststoffe

Einer der wichtigsten Trends der Zukunft wird aus meiner Sicht die Erkenntnis sein, wie sehr Kunststoffe bei der Jahrtausendaufgabe Klimaschutz helfen können. Mit Kunststoffen lassen sich in vielen Bereichen massiv Energie und Emissionen einsparen.

Dazu möchte ich zwei konkrete Beispiele nennen:

  • Kunststofffensterprofile, die auch mit RENOLIT Hochleistungsfolien beschichtet sind können am Ende ihres Lebenszyklus mehrfach recycled und in neue Profile eingearbeitet werden und sparen gegenüber der Verwendung von neuem Rohstoff 75% an CO2 Emissionen ein.
  • Unsere synthetischen Dachbahnen zur Abdichtung von Flachdächern sind mit einer speziellen Pigmenttechnologie ausgestattet und reflektieren Solarstrahlung. Damit wird der Wärmeeintrag in die Gebäudehülle reduziert und der Energiebedarf zur Gebäudekühlung gesenkt.

    In Verbindung mit einer installierten PV-Anlage erhöht sich mit dieser Reflektionstechnologie sogar die Effizienz bei der Stromerzeugung. Ein Thema das im Zuge der Klimaveränderung gerade in Städten enorm an Bedeutung gewinnt.

Dieser Trend wird sich in vielen Bereichen und gerade im energieintensiven Gebäudesektor weiter verstärken. Von neuen Batterietechnologien über Gewichtseinsparungen bis hin zum Thermomanagement - Kunststoffe werden beim Klimaschutz nicht mehr wegzudenken sein.

Wir müssen diese Entwicklung mit aller Kraft vorantreiben und bestehende Technologien konsequent weiterentwickeln.

Die europäische Kunststoffindustrie wird gebremst

Die gesamte Kunststoffindustrie steht vor gewaltigen Herausforderungen, um diese Trends zu bedienen und die Chancen Wirklichkeit werden zu lassen.

Um Lösungen für die oben beschriebenen Trends entwickeln und anbieten zu können, bedarf es gesetzlicher Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen und nicht einschränken.

Im Kern geht es darum, ideologiefrei die technisch und wirtschaftlich besten Lösungen einsetzen zu können.

Gleichzeitig muss der europäische Binnenmarkt endlich wieder zu einem Level Playing Field werden. Die Industrie kann sich nicht ständig auf unterschiedliche Regelungen und Auslegungen in den Mitgliedsstaaten einstellen. Wir brauchen wieder mehr Einheitlichkeit, damit die Branche die Vorteile des Binnenmarktes nutzen kann.

Was diese Trends für RENOLIT bedeuten

Trotz aller Widrigkeiten vieler aktueller Rahmenbedingungen sind wir bei RENOLIT auf einem guten Weg und arbeiten bereits an vielen der oben genannten Trends. In einigen Bereichen haben wir sogar schon Lösungen parat.

Hier einige aktuelle Beispiele:

  • Als Ersatz für fossile Rohstoffe haben wir in diesem Jahr eine Folie hergestellt aus Bioattributed PVC auf den Markt gebracht.
  • Der Aufbau von internen Recyclingkapazitäten an vielen unserer Standorte schreitet voran und wir haben erste Kundenprojekte zur Rücknahme von deren Kunststoffabfällen realisiert
  • Wir entwickeln aktuell Produktlinien gezielt mit Rezyklat und vermarkten dies entsprechend, beispielsweise für die Möbelindustrie.
  • Wir arbeiten an Zukunftstechnologien für die erneuerbare Energieerzeugung durch Windkraft, wo wir mit Folienlösungen sowohl die Erosion als auch die Anhaftung von Eis auf den Rotorblättern reduzieren wollen.
  • Wir haben synthetische Membranen im Portfolio, die bei der Zwischenspeicherung von Energie in sog. Pumpspeicherkraftwerken oder zur Regenwasserspeicherung in besonders trockenen Regionen zum Einsatz kommen.
  • Unsere thermoverformbaren Leichtbauplatten aus Wabenstrukturen können in der Mobilitätsindustrie einen Beitrag zur Gewichtsreduktion und damit Ressourcenschonung leisten.
  • Hochleistungsfolien von RENOLIT reduzieren über eine spezielle Pigmenttechnologie den Wärmeeintrag in Bauelementen und tragen zu einer dauerhaften Entlastung des Fensterprofils und der gesamten Fensterkonstruktion in der Gebäudehülle bei.
  • In unseren Hochleistungsfolien werden wirkmächtige biotechnologisch hergestellte Präparate sicher und hochrein produziert, die Pandemien und andere degenerative Krankheiten eindämmen können.

Fazit: Zukunft braucht Kunststoffe

Kunststoffe sind ein wichtiger Teil der Lösung vieler Zukunftsfragen. Sie ermöglichen in vielen Bereichen früher nie für möglich gehaltene Entwicklungen. Kunststoffe sind daher ein echter Treiber von Fortschritt.